In den Ländern Skandinaviens mit ihren langen dunkeln Wintern, in denen sich die Menschen manchmal auch unangenehm nahe kommen, hat das Geschichtenerzählen eine lange Tradition. Dabei wurde schon früh der Kontrast zwischen der friedlich wirkenden Landschaft und den Abgründen der Gesellschaft thematisiert. Als in anderen Ländern der Kriminalroman noch der Trivialliteratur zugerechnet wurde und deshalb meist entsprechend banalen Erzählmustern folgte, entstanden skandinavische Krimis mit sozialkritischem Anspruch, die vor drastischen Schilderungen nicht zurückschreckten und auch hierzulande begeistert aufgenommen wurden. Dieser Trend ist bis heute ungebrochen, denn in der Nachfolge von Mankell und Sjöwall/Walhöö warten junge skandinavische Autoren mit immer neuen, spannungsgeladenen Romanen auf:
Mord in einer schwedischen Kleinstadt
Der schwedische Autor Håkan Nesser, der bereits seit geraumer Zeit für klassische skandinavische Krimis bekannt ist, war Lehrer, bevor er zum Schreiben fand. Auch in seinem 2016 erschienenen Roman “Der Fall Kallmann” steht ein Lehrer im Mittelpunkt. Der Studienrat Berger aus Stockholm nimmt eine Stelle in der Provinz an, nachdem seine Frau und seine Tochter bei einem Fährunglück umgekommen sind. Doch die idyllische Kleinstadt, die wie dafür geschaffen zu sein scheint, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen, verbirgt dunkle Geheimnisse. Schon bald beginnt Berger zu zweifeln, um der eigenbrötlerische Kallmann, der sein Vorgänger an der Schule war, wirklich einen Unfalltod gestorben ist.
Serienkiller in Oslo
Bedrückend aktuell und dennoch stellenweise fast mystisch ist “Durst”, der aktuelle Band der Harry-Hole-Reihe des norwegischen Schriftstellers Jo Nesbø. In dem 2017 veröffentlichten Krimi findet ein Serienmörder seine Opfer mit Hilfe der Dating-App Tinder. Allerdings gestalten sich die Ermittlungen außerordentlich schwierig, da der Täter keine Einbruchspuren hinterlässt und ein eisernes Gebiss als Tatwaffe benutzt, weshalb sogar ein Vampirismus-Experte hinzugezogen wird. Bald wird es jedoch dem unkonventionellen Ermittler deutlich, dass er es mit einem alten Bekannten zu tun hat.
Die dunkle Seite Islands
In dem bereits 2012 erstmals erschienenen Krimi “Nacht über Reykjavik” zeigt Arnaldur Indriðason die Schattenseiten der isländischen Hauptstadt, die Touristen meist verborgen bleiben. Die Arbeit des introvertierten jungen Streifenpolizisten Erlendur Sveinsson wird bestimmt von Gewalt, Drogenhandel und Einbrüchen. Dennoch lässt ihn der als Unfall rasch zu den Akten gelegte Tod eines Obdachlosen nicht los. Auf eigene Faust beginnt er zu ermitteln, wobei er tief in die bedrückende Welt der Wohnungslosen eintaucht. Dabei kommt er aber auch dem Verbleib einer jungen Frau auf die Spur, die an dem selben Wochenende verschwand, an dem auch der Obdachlose starb.
Krimis mit Spannung und Humor schreibt die Autorin Sabine Gronover.
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